Das zweite Leben der Dinge
Myriam Tümmers‘ Werke kennzeichnet ein Minimalismus, der sich nicht nur ganz greifbar in der Farb- und Materialwahl zeigt, sondern in einem möglichen Hin zum Ursprung, zum Wesentlichen.
Schwarz und Weiß ist immer die Basis, Licht und Schatten als die beiden Teile eines Ganzen, die nicht einzeln existieren können. Das immer wiederkehrende Rot als Farbe ihrer Emotionen, das Blau als Liebeserklärung an ihre zweite Heimat, die Bretagne.
Die Technik der Collage wird oft bevorzugt, genauso wie die wiederkehrenden Materialen Tusche, Sand und Faden. Denn dort finden sich Farbintensität, Klarheit und gute Trägereigenschaften für andere Materialien. Plastikmüll wird ebenso gerne und viel eingesetzt, und statt mit den handelsüblichen Pinseln malt die Künstlerin mit dem, was sie findet.
Durch die Verwendung der Gegenstände als Material und Werkzeug gibt sie den Dingen eine zweite Bedeutung und zeigt die Schönheit des Vergänglichen. Das Arbeiten mit Objets trouvés birgt zudem die Möglichkeit der Emotion und der Idee, die am Anfang eines jeden Werkes stehen, den Zufall als Teil des Konzepts zur Seite zu stellen.
Die Vielschichtigkeit, die der Technik der Collage innewohnt, verleiht dem Werk immer eine feine Mehrdimensionalität - haptisch wie auch in seiner Lesbarkeit.
Unterdrückung, Lähmung und innere Konflikte sind wiederkehrende Themen, die Myriam Tümmers in ihrer Kunst bearbeitet. Gleichzeitig transportieren die Werke häufig eine Leichtigkeit und ein Werden, eine Option zur Bewegung. Die Linienführung und der Formverlauf muten bisweilen fast kalligrafisch an, fast literarisch. Dennoch, trotz aller Autorenschaft und Ursprungsideen, kommen die Bilder häufig auch ohne große Erklärungen oder Titel aus. Der Betrachter soll seinen eigenen Zugang, seinen eigenen Dialog entwickeln.
So werden aus sehr konkreten Objekten mit einer eindeutigen Bestimmung, abstrakte Formengebilde, die neue Motivmöglichkeiten in sich bergen. Die Dinge erhalten nicht nur in ihrer Materialität eine zweite Bestimmung, sondern auch in ihrer Bedeutung, in ihrem Sein.
Text von Kerstin Maria Huber www.kmh-dialog.com